Berichte von Menschen, die die letzten Tage des 16. Karmapa, sein Parinirvana und seine Nachtodmeditation erlebte
(Entwurft. Das fertige und volständige Kapitel kommt in Band 2 der Biographie.)
Der 16. Karmapa hatte Krebs im Endstadium, aber nicht nur dies, sondern auch starke Tuberkulose, Diabetis, Lungenentzündung und noch viele andere Krankheiten. Dennoch erfreute er sich bester Laune und weigerte sich, Schmerzmittel zu nehmen. Seine Ärzte und Begleiter schildern:
Dr. Kotwal: „Normalerweise sind Leute in diesem Zustand sehr niedergeschlagen und und unglücklich, aber hier war ein Mann der lachte, lächelte, der Blut spuckte, Blut hustete und dennoch immer noch sagte: 'Macht Euch deswegen keine Sorgen!' So etwas rührt einen zu Tränen und einige des Personals bekamen eine Gänsehaut, wenn er sich so benahm.“1
„Er war so fürsorglich! Die Krankenschwestern in Chicago waren regelrecht verliebt in ihn und sagten: 'Oh, Eure Heiligkeit! Sie sind so ein wunderbarer Mensch. Sie denken immer erst an uns, obwohl Sie so krank sind!' Manchmal waren sie allerdings regelrecht verunsichert, weil er immer lächelte.“2
Dr. Levy: „Offensichtlich berührte Seine Heiligkeit das Team der Ärzte und Krankenpfleger sehr. Manchmal überließen wir ihnen buddhistische Bücher und einige sagten zu mir: 'Wie Du weißt bin ich Christ und glaube nicht an Buddhismus, aber ich muss schon sagen: Seine Heiligkeit ist eine außergewöhnliche Person!' Sie sagten das fast entschuldigend, da sie nicht wussten, wie sie beide Glaubensrichtungen in Einklang bringen konnten und fühlten sich doch tief berührt von Seiner Heiligkeit.“3
Chirurg Dr. Sanchez vertraute sich seinem Kollegen Dr. Kotwal an:
„Raj, es ist unmöglich, in diese dunklen, tiefen und durchdringenden Augen zu schauen, man fühlt sich in seiner Gegenwart fast nackt! In den vielen Jahren meiner Praxis habe ich noch niemanden wie den Karmapa getroffen.' Er sagte, dass er in dieser Erfahrung manchmal sprachlos sei. (…)
Alle zog es zu ihm (…) Einige der Krankenschwestern waren neugierig, mehr über ihn und sein Land Tibet zu erfahren. Sie wollten auch die Religion, die er repräsentierte, verstehen. Was praktizierte und glaubte er, dass er selbst in dieser Situation weiter lächelte und so viel Mitgefühl zeigte, obwohl er wirklich schwer krank war? (…) Viele der Angestellten lasen alles, was sie an Büchern von Trungpa Rinpoches Gruppe über den Karmapa bekommen konnten.4i
Die wahre Natur eines Menschen zeigt sich nur in Zeiten der Krise, in Paniksituationen, ganz egal wie erleuchtet er sein mag... Aber Karmapa hatte kein bisschen Angst und das war wirklich bemerkenswert!“5
[...]
Die Nachtodmeditation
Hatte Yishin Norbu in Krankheit und Tod bereits alle Anwesenden in bares Erstaunen versetzt, brachte er im Samadhi seines Nachtodzustands sämtliche Naturgesetze ins Wanken. Nach den Wochen mit sh dachten alle, die miterleben durften, wie ein hoher Bodhisattva mit Krankheit und Tod umgeht, dass sie nichts mehr erstaunen könnte. Doch nun verblüffte alle erneut...
„Situ Rinpoche wusch den Körper Seiner Heiligkeit und malte Schutzmantren auf seine Chakren (physiopsychischen Zentren). Dann ließ man den Körper Seiner Heiligkeit im Raum alleine, die Mönche begannen vor der Tür mit einer Puja. Sein Körper zeigte keine Anzeichen der üblichen Leichenstarre, sondern schien so, wie er im Moment des Todes war, zu bleiben. Nach einer Weile bemerkte man, dass seine Herzgegend noch immer warm war – ein Hinweis darauf, dass er in Samadhi verweilte.“6
Entgegen aller Gebräuche und Gesetze stimmte das medizinische Personal dem Wunsch der Tibeter zu, Seine Heiligkeit für die ganze Zeit seiner Nachtodmeditation in seinem Raum zu lassen, damit seine Nachtodmeditation nicht gestört werde. Er hatte sie so tief berührt, dass es für sie sogar undenkbar gewesen wäre, seinen Körper vor dem Ende des Samadhi zu bewegen. Sie respektierten voll und ganz die tibetische Tradition, obwohl sie einen meist christlichen oder atheistischen Hintergrund hatten.
Ihre Einstellung fasste Chefchirurg Dr. Ranulfo Sanchez, ein praktizierender Christ, stellvertretend für viele im Team aus:
„Ich hatte das Gefühl, dass Seine Heiligkeit kein gewöhnlicher Mensch war. Wenn er einen ansah, war es, als erforsche er einen, er schien einen zu durchschauen. Ich war sehr beeindruckt von der Art, wie er mich anblickte und genau zu verstehen schien, was los war. Seine Heiligkeit hinterließ einen starken Eindruck bei jedem, der im Krankenhaus mit ihm in Kontakt gekommen war. Viele Male, wenn wir dachten, jetzt ginge es mit ihm zu Ende, lächelte er uns an und sagte, dass wir uns irrten und dann besserte sich sein Zustand wieder... Sie brachten mich 36 Stunden nach seinem Tod in sein Zimmer. Ich legte meine Hand auf die Gegend über dem Herzen und sie war wärmer als die Gegend daneben. Das ist etwas, für das ich schlicht keine medizinische Erklärung habe!“7
1 Interview mit Dr. Kotwal, Gangtok, 2013.
2Topga Rinpoche: Momente aus dem Leben des 16. Karmapa Topga Rinpoche, Vortrag, KIBI 1993 in: Buddhismus Heute Nr. 52, Winter 2012/2013.
3Dr. Levy in: Ray: Secret of the Vajra World, S. 473.
4 Dr. Kotwal: God's Own Death, S. 191-201.
5 Interview mit Dr. Kotwal, Gantok, 2013.
6 Michael Chender: His Holiness dies in Zion, Illinois, S.28.
7 Zit. n.: Chender: His Holiness Dies in Zion, Illinois, S. 3.