Viele Prophezeiungen haben das Kommen Karmapas vorhergesagt. Aber Prophezeiungen werden auch politisch missbraucht. Hier ist Vorsicht angebracht, Daher geht es hier um die guten und schlechten Seiten solcher Vorhersagen.
Dem westlichen Weltbild gehen Prophezeiungen zuwider. Dabei hat der berühmteste europäische Vertreter Nostradamus erfolgreich so manches Ereignis in der Zukunft angekündigt (aber auch manchmal daneben gelegen).
Und so sollte man auch die tibetischen Prophezeiungen zwar ernst nehmen, aber nicht immer für bare Münze halten.
Zweitausend Jahre nach mir wird die Lehre in das Land der Rotgesichter [Tibet] kommen, das von Avalokiteśvara bekehrt wurde. Wenn seine Lehren abnehmen, wird der Bodhisattva mit der Löwenstimme, Karmapa genannt, die Wesen durch die Kraft seines Samādhi* überzeugen. Dadurch, dass sie ihn sehen, hören, berühren oder an ihn denken, wird er sie gänzlich glücklich machen. [1]
Es heißt immer wieder, Buddha Shakyamuni hätte Karmapa mit diesen Worten vorhergesagt. Leider hat bislang kein Sanksritgelehrte und auch keine Tibetologe die entsprechende Passage in den zitierten Mahayanasutren gefunden. Padmasambhava (8. & 9. Jh.) hingegen schreibt in seinen Termas von dieser Prophezeiugen des Buddha.
(wird fortgesetzt)
Fußnoten
1) Unter Songtsen Gampo, der 617 bis 649 über Tibet herrschte, begann der Buddhismus im Land Fuß zu fassen. „Wenn die Lehren abnehmen“ bezieht sich auf den Verfall der Lehren in Tibet ab dem 10. Jahrhundert. Vor diesem Hintergrund hauchte die genannte „zweite Welle der Übertragung“ dem Dharma neue Lebenskraft ein. „Löwengebrüll“ (Tib.: seng ge‘i sgra, Skt.: Simhanadha) spielt auf eine Prophezeiung an, die besagt, dass Karmapa in ferner Zukunft als der sechste der 1002 Buddhas* unseres Zeitalters unter diesem Namen bekannt werden wird. In der tibetischen Version des Lankāvatāra Sūtras finden sich ebenfalls Hinweise auf Karmapa.